Angst vor Fahrverboten in Innenstädten? Es gibt Alternativen.

In Stuttgart wird es inzwischen recht ernsthaft diskutiert: Diesel dürfen bei Feinstaubalarm einige Straßen nicht mehr befahren. Für unsere Region ist Feinstaubalarm zwar wegen der „windigeren“ Geographie nicht so schnell abzusehen – die Diskussion rund um die Berliner Umweltzone ist momentan durch die abgelehnte „blaue Plakette“ ins Stocken geraten. Aber trotzdem: Autokäufer sind verunsichert. Darauf deuten die Zulassungszahlen hin, denn der Anteil an Diesel-PKW geht in den letzten Monaten erstmals überhaupt zurück (Quelle: Kraftfahrtbundesamt).

Und nun? Es gibt Alternativen:

Gar kein Auto kaufen

Ohne Auto leben

Vielleicht kann man auf den Neuwagen verzichten? Mit den gesparten Tausenden € lassen sich wirklich viele S-Bahn-Fahrkarten kaufen, und dahin wo die S-Bahn, das Fahrrad und der ICE nicht fährt fährt das Taxi.

Mehr Pferdestärken und größerer Kofferraum als jeder PKW. Bild: Andreas Steinhoff

Wer ein Auto nur für den Weg zum Supermarkt benutzt: Das geht auch anders. Mit Bus, zu Fuß oder dem Klapprad (kommt auf der Rückfahrt geklappt in den Kofferraum) hinfahren, einkaufen, und sich für die Rückfahrt ein Taxi bestellen kommt wahrscheinlich billiger als ein Auto nur für den Einkauf.

Sich ein Auto teilen

Stationsgebundenes Carsharing in Göttingen

Vielleicht kann man sich regelmäßig ein Auto mit Nachbarn / Freunden / Verwandten teilen. Einfach mal fragen. Einen Mustervertrag gibt’s beim VCD: Mustervertrag Nachbarschaftsauto

Man kann sich auch mal bei Tamyca oder Drivy umgucken und dort Autos von Privatpersonen mieten.

Eine Carsharing-Firma, wie in Berlin, hat es leider noch nicht zu uns geschafft.

Die Flatrate überallhin

Jederzeit überallhin – stündlich

Ein Auto – das ist die Freiheit, jederzeit überallhin fahren zu können. Eine tolle Sache!

Das gibt’s auch Anders: Jederzeit überallhin in ganz Deutschland, auch völlig unvorbereitet ohne Planung oder Fahrkartenkauf, Bahn fahren mit der Bahncard 100. Damit kann man in jeden beliebigen Zug vom ICE-Sprinter bis zur S-Bahn einfach so einsteigen. In Mittel- und Großstädten sind U-Bahn und Bus auch mit dabei. Für 379 € im Monat – also ungefähr der Leasingrate + Betriebskosten eines besseren Autos – gibt es diesen Luxus bereits.

Ein möglichst kleines Auto kaufen

Gegen eventuelle zukünftige Fahrverbote hilft ein kleineres Auto möglicherweise nicht. Umweltschonender ist es trotzdem, nicht nur im Betrieb (Abgas) sondern auch bei der Herstellung.

Wer nur gelegentlich ein größeres Auto braucht, zum Beispiel für Urlaubsreisen, kann sich vom gesparten Anschaffungspreis für das kleinere Auto bei einer Autovermietung einen prima Urlaubswagen ausleihen.

Mal ehrlich: Andere Produkte kauft man sich doch auch nur so groß wie es im Alltag üblicherweise reicht. Ein Auto größer zu kaufen damit einmal im Jahr viel reinpasst, das ist Verschwendung.

Benziner (nicht wirklich eine Alternative)

Einen Benziner statt eines Diesels anzuschaffen ist so, wie Alkohol zu trinken, wenn man mit dem Rauchen aufhören will.

Dieselfahrzeuge sind im Bereich Stickoxide und Staub am problematischsten. Benziner können das Sauberer, aber heizen dafür den Treibhausgaseffekt stärker an als Diesel. Benziner sind also klimaschädlicher.

Das ist keine richtig zufriedenstellende Alternative.

Strom

Mein Auto aufladen, wie mein Handy? Ja genau, das geht. Viele der typischen Gerüchte, die man über elektrische Autos hört, treffen inzwischen nicht mehr zu.

Eins der beliebtesten Stromautos: Renault ZOE

Einmal teuer – laufend billiger

Die „Einstiegsklasse“, also ein elektrischer Kleinwagen, beginnt inzwischen mit einer 1 vorne. Beispielsweise den Peugeot Ion, elektrischer Stadtflitzer, bekommt man neu für 16.500 €. Das ist teuer für so wenig Auto, dafür sind die Betriebskosten attraktiv:

  • 10 Jahre steuerfrei
  • Ungefähr 50% geringere Werkstattkosten dank weniger Verschleißteilen
  • Strom für 100 km kostet mit 4 € etwa die Hälfte wie Sprit.

Wer so ungefähr 10.000 km oder mehr im Jahr fährt sollte hier mal das Rechnen anfangen.

Dank CHAdeMO-Schnellladeanschluss ist eine gelegentliche längere Tour sogar mit diesem Wagen trotz der geringen Reichweite durchaus machbar.

Tanken dauert so lang!

Schon richtig – aber man braucht nicht die ganze Zeit danebenstehen und warten sondern geht solange einfach woanders hin. Zum Beispiel ins Wohnzimmer, denn tanken geht ab sofort zu Hause an der Steckdose des Rasenmähers.

Weit genug fahren

Wer das wirklich will kann heute Stromautos mit 500 km Reichweite kaufen. Aber wozu? Nach spätestens 300 km muss eh eine Pause sein. 300 km Reichweite bieten auch die billigeren Fahrzeuge heute als Reichweite an. Während der Pause wird am Schnell-Lader Strom nachgefüllt, und Fahrerin oder Fahrer bekommen Kaffee, Brötchen und Toilette.

Die Batterie ist nach zwei Jahren hinüber, wie bei meinem Handy

Nein, so schnell geht das nicht. Inzwischen gibt es Alltagserfahrungen. Ein Pendler aus den USA ist wahrscheinlich momentan führend – Steve Marsh fährt seit 2011 elektrisch zur Arbeit, inzwischen eine Viertelmillion Kilometer (damit ungefähr ein durchschnittliches deutsches Autoleben), mit derselben Batterie. Diese Batterie hat jetzt noch etwa 50% der Kapazität und reicht damit nicht mehr für seinen Arbeitsweg, aber ganz kaputt ist sie nicht. Ein Ersatz kostet auch nur etwa ein Achtel des Preises des Autos.

Wer dieses anscheinend recht geringe Risiko trotzdem nicht eingehen möchte, kann die Batterie auch Mieten statt Kaufen und bekommt dann im Bedarfsfall ohne Extrakosten eine Neue.

Erdgas (bzw. Biogas)

Erdgasautos sind schadstoffarm, da sich Erdgas staubfrei und stickoxidarm verbrennen lässt.Man kann bei Total (gegenüber Bauhaus) Erdgas tanken.

Insgesamt also eine Prima Alternative für umweltbewusste Fahrer mit Bedarf an viel Reichweite, und zur Zeit kann man auch noch von einer Steuerbefreiung profitieren und damit vergleichsweise preiswert fahren.

Einige Erdgastankstellen bieten aufbereitetes Biogas an – damit kann man klimaneutral Auto fahren. Fragen Sie nach!

Wasserstoff

Mit Wasserstoff Auto fahren – geht auch, ist aber (noch?) ziemlich teuer.

Die Fahrzeuge sind prinzipiell Elektroautos mit verkleinerter Batterie und zusätzlichem Wasserstofftank und Umwandlungseinheit per Brennstoffzelle. Der technische Aufwand ist daher recht hoch, der Preis eben auch (ca. 80.000 €). Und die Wasserstofftankstelle ist ähnlich komplex, da das Gas vor Ort hergestellt werden muss – nächster Standort in Berlin, demnächst auch in Neuruppin.

Für Langstreckenreisende, die klimaneutral und trotzdem mit dem Auto reisen möchten, kann das eine Alternative sein. Wer mal testen möchte – beim Birkenfest am 17.6. werden zwei Wasserstoffautos zum Testen vor Ort sein.

 

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